Montag, 19. Oktober 2009

Prantls Lob und Maihofers Tod

Dass ich das noch mal ausgerechnet von Herbert Prantl lesen darf: >>Soeben, in den Koalitonsverhandlungen mit der Union, hat sich die FDP endlich wieder an die berühmte Maihofer-Formel errinnert: "Im Zweifel für die Freiheit".<<

Schade, dass solches Lob in einem sehr traurigen Kontext serviert werden musste, dem Tod von Werner Maihofer, dem eindrucksvollen Grandsenieur der Liberalen. Ich erinnere mich noch, welchen Respekt ihm die Mitglieder der Grundsatzprogrammkommission zur Beratung der "Wiesbadener Grundsätze" entgegenbrachten!

PS: Ein Grundsatz-Programm, das manchmal auch unter Wert gehandelt wird.

Steuersenkungen in Berlin nach "Offenbacher Modell"?

Nicht nur in Berlin werden kräftig Steuern gesenkt. Auch in Offenbach. Vor über 10 Jahren hat eine Große Koalition hier die Getränkesteuer eingeführt. SPD, Grüne und FWG haben sie fortgeführt. Die Offenbacher Koalition aus SPD, Grünen und FDP verständigte sich 2006 als "Koalitions-Kompromiss" auf die Abschaffung der Getränkesteuer - in zwei Schritten... der zweite folgt jetzt 2010. Wahlversprechen erfüllt. Auf dieses Verfahren der Mehrstufigkeit greift jetzt auch die schwarzgelbe Koalition in Berlin zurück. Auf dass die FDP dann auch in Berlin mit Recht sagen kann: "Wahlversprechen erfüllt".

Donnerstag, 15. Oktober 2009

Aufruf zu einer liberalen Bürgerrechtsoffensive

Beschlusses des Bundeskongresses der Jungen Liberalen (1997)

Hier meine Lieblingspassagen:

"Unbeirrt durch den Zeitgeist -
Aufruf zu einer liberalen Bürgerrechtsoffensive"

In den letzten Jahren sind Grundrechte sukzessive eingeschränkt worden. Etwa die von den Sozialdemokraten geforderte Beweislastumkehr im Rahmen der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität macht deutlich, daß mit den bereits getroffenen Entscheidungen noch nicht das Ende konservativer Phantasie gekommen ist.

Dienstag, 13. Oktober 2009

Warum Westerwelles "Menschenrechtsministerium" eine Chance ist

Obama kippt den Dalai-Lama-Empfang, der Börsenverein des Buchhandels lädt Regimekritiker aus. Menschenrechte haben keine Hochkonjunktur. Mit einem Außenminister Westerwelle würde ein fast vergessenes Thema in der FDP wieder reüssieren.

Dienstag, 6. Oktober 2009

Internet-Sperren und warum ich von der FDP hier einen Verhandlungssieg erwarte

Man sollte sich nicht von der Union ins Bockshorn jagen lassen. Die erklärt jetzt überhaupt nichts für verhandelbar: Weder Steuersenkungen, noch Gesundheitspolitik, noch Sicherheitsgesetze. Und schon gar nicht Netzsperren.

Deshalb bin ich nach einer Gremien-Sitzung über die defätistische Prognose eines Freidemokraten, über die seiner Auffassung nach eher geringen Chancen, einen Verzicht auf "Netzsperren" durchzusetzen, etwas schockiert [anderseits sehr motiviert ausgerechnet durch einen BILD-Artikel über FDP-Stadlers Position, dessen Position hier wohl in diesem Fall entscheidender ist]

Ich hatte in der Gremiensitzung ehrlich gesagt den Eindruck, es lag an der nicht tiefergehenden Beschäftigung mit dem Thema. Daher möchte ich nochmal

1. auf den Wahlaufruf der FDP vor der Bundestagswahl hinweisen und
2. auf einen sehr guten Artikel zu diesem Thema verlinken (pdf) [zum ODEM.blog], der einen Workshop eines Seminars der Freiheitsstiftung Friedrich-Naumann zusammenfasst. Vielleicht hilft´s ja.

Für schnelle Leser folgende Zitate aus dem eben genannten Workshop-Bericht:

* Internet-Blockaden wirken nur scheinbar: sie entfernen keine Kinderpornographie aus dem Internet, sondern blenden diese nur für diejenigen aus, die sie sowieso nicht anschauen.
* Die überwiegende Mehrheit der zu sperrenden Webseiten kommt aus westlichen Ländern, viele aus Deutschland – die Herausnahme aus dem Netz und ein Zugriff auf die Täter wäre also möglich, wenn es sich tatsächlich um illegales Material handelt.
* Internet-Sperren schützen keine Kinder vor (sexuellem) Missbrauch.
* Es ist naiv anzunehmen, dass ein einmal etabliertes Filtersystem nur auf Kinderpornographie beschränkt bleibt.
* Internet-Sperren sind im Kampf gegen Kinderpornographie nicht wirksam, auch von technisch nicht versierten Nutzern leicht umgehbar und in keinster Weise verhältnismäßig.
* Der Tausch von kinderpornographischen Material findet vornehmlich außerhalb von (einfach) sperrbaren Transportwegen statt.
* Sinnvoller wäre, die Anstrengungen zur Verfolgung der Täter zu intensivieren. Dafür ist ausreichendes und mediengerecht ausgebildetes Personal bei den Strafverfolgern notwendig.


Beeindruckend zeigt der Bericht die Kollateralschäden bei finnischen Netzsperren auf:
Die Analyse der in Finnland verwendeten Filterliste zeigt, dass unter den rund 1000 analysierten Seiten kaum kinderpornographisches Material zu finden ist. 99% der gesperrten Webseiten enthalten keine Kinderpornographie.


Die "Netzsperren" müssen in den Koalitionsverhandlungen hohe Priorität haben.
Zum einen sind die Netzsperren sicher - neben der Vorratsdatenspeicherung - das Symbolthema in der netzaffinen Community. Aber das ist nicht das Entscheidende. Mit Netzsperren erhält der Staat erstmals ein Mittel für Freiheits-Einschränkungen in die Hand, die irgendwann drohen, zu Zensur auszuarten.


Deshalb erwarte ich genau hier einen Verhandlungssieg gegen Zensursula!

Bild zum Thema

Montag, 5. Oktober 2009

Bildungsbürgerliches Dünkel

Eine Gesellschaft hat Regeln. Z.B. Cappuccino trinke man nur vormittags, zum Drehen der Spaghetti nutze man bitte keinen Löffel und zwischen den Sätzen eines Stücks klatscht man nicht!

Die Konzerte der von Ralph Ziegler geleiteten Neuen Philharmonie Frankfurt im Offenbacher Capitol sind durchaus eindrucksvoll. Und sicher auch ein Treffpunkt des "Bildungsbürgertums" der Stadt.

Erst seit wenigen Jahren ist Offenbach Standort der Philharmomie und damit Spielort für klassische Konzerte - das Capitol selbst wurde in der näheren Vergangenheit als Muscial-Haus und Disco genutzt (s. zur Geschichte des Capitols auch Mark Medlocks Auftritt im Capitol). Die Stadtpolitik hatte über ein Jahrzehnt negiert, dass es in einer Stadt wie Offenbach auch eine Art Kristallisationspunkt für Hochkultur braucht.

Auch einer jahrzentelangen Konzertfreiheit mag es geschuldet sein, dass nicht jeder Konzertbesucher bei den gestrigen "Herbst-Farben" das ungeschriebene Gesetz kannte, nachdem zwischen einzelnen Sätzen eines Stücks zu klatschen, sich nicht ziemt, um das Gesamtkunstwerk und die Künstler nicht zu stören. Jedenfalls war zunächst deutlicher Applaus in den Pausen inmitten der Stücke vernehmbar.

In meiner Umgebung konnten sich einige ob dieses Lapsus gar nicht einkriegen und schimpften wie Rohrspätzchen über so viel Unbildung. Meine Sitznachbarin, eine profilierte, sehr nette und zuvorkommende Dame der Offenbacher Stadtgesellschaft, fasste sich ostentativ, sogar gleich mehrfach an den Kopf. Ich war versucht zu fragen, ob sie das mit den Spaghetti und dem Cappucio auch so in Rage bringt.

Dieser manieriert vorgetragene bildungsbürgerliche Dünkel störte übrigens die Umgebung und das Gesamtkunstwerk weit mehr als der richtige Respekt zum falschen Zeitpunkt, den eine Minderheit den Künstlern entgegenbrachte.


PS: Die Regel mit dem Klatschen wird durchaus von profilierten Künstlern in Frage gestellt! Klatschen zwischen den Sätzen war übrigens zu Beethovens Zeiten sogar üblich - wie eine kleine Netzrecherche ergab. Als immer Vorsicht bei allzuviel Political Correctness. Auch im Konzert.

Freitag, 2. Oktober 2009

Die Großen sind nicht mehr groß, und die Kleinen sind nicht mehr klein

Günter Bannas (FAZ) teilt in seiner Wahlanalyse indirekt meine These von der FDP als Mittelpartei und stellt dies ebenfalls in den Kontext einer tiefgreifenden Änderung des Parteiensystems und einer gesamteuropäischen Entwicklung:

Die Wähler und auch die am vergangenen Sonntag Daheimgebliebenen haben das bisherige deutsche Parteiensystem (zwei Große, ein paar Kleine) den Realitäten der kontinentaleuropäischen Nachbarstaaten angepasst. Die Großen sind nicht mehr groß, und die Kleinen sind nicht mehr klein. Der Trend könnte sich fortsetzen.